Fließspirale - Einstellungen

  • Guten Morgen an alle,

    ich hätte da mal eine Frage. Bin jetzt seit kurzem in einem kleinen Unternehmen in der Anwendungstechnik tätig. Zur Zeit bin ich dabei mich mehr oder weniger einzuarbeiten. Dabei ist mir folgendes aufgefallen:
    Wir testen hier verschiedene Additive für PA und spritzen auch Fließspiralen. Jede Spirale die die hier spritzen haben mehr oder weniger die selbe Länge (46 - 48cm).
    Ich komme ursprünglich nicht aus der Kunststoffbranche und deshalb hinter frage ich erstmal alles. Ich hab mir mal die Einstellungen an der Maschine angeschaut und dabei festgestellt das die immer 30 mm einspritzen. Dann kann es doch kein Unterschied bei den Fließspiralen geben oder??? Ich hab mich mal hier etwas umgeschaut und gesehen das man das eigentlich über die Zeit macht. Also zb 3 sek. einspritzen.
    Habe ich das so richtig verstanden??

    Wir benutzen hier eine Demag Maschine. Könnte mir eventuell jemand etwas behilflich sein? Also mir eventuell sagen wie ich die Maschine richtig einzustellen habe??

    Kann mir jemand eventuell auch weiterführende Literatur empfehlen über Spritzguss, Einstellung der Maschinen, beseitigen von Fehlern?
    Würde mich sehr freuen wenn ihr mir weiter helfen könntet

    Euch noch einen schönen Tag

    mfg
    desiderium

  • Deine Vermutung zum Spritzen der Fliessspirale ist grundsätzlich richtig. Der Umschaltpunkt auf einen Nachdruck (der gegen Null sein sollte) muss zeitlich und nicht volumetrisch festgelegt sein. Ausserdem sollten grundsätzlich 2 Produkte gegeneinander verglichen werden. Das kann auch durch eine z.B. 1/2 jährliche Kalibrierung mit einer definierten Rohware erreicht werden, die ständig als Referenzmaterial abrufbar ist. Die Parameter dürfen wegen der Vergleichsfähigkeit dann nicht mehr geändert werden. Man vergleicht also immer gegen die Rohware (machen wir jedenfalls so).

    Zur Einstellung:
    Du kannst mir unter PN deine Mailadresse schicken, dann mail ich ein entsprechendes Einstellblatt, zwar von ARBURG, aber für einen Einrichter eigentlich lesbar.

    Literatur:
    Verlag: Hanser
    Autor: Christoph Jaroschek
    Titel: Spritzgießen für Praktiker
    ISBN 3-446-21400-3

    Verlag: Hüthig Verlag Heidelberg
    Autor: Franz Beitl
    Titel: 1000 Tipps zum Spritzgießen (Da gibt es schon 5 Bände)
    ISBN 978-3-7785-4015-2

    Verlag: Hanser
    Autor: Johannaber/Michaeli
    Titel: Handbuch Spritzgießen
    ISBN 3-446-15632-1
    Diese Schwarte finde ich am besten. Zwar 1300 Seiten, aber gut geschrieben mit vielen Skizzen, Tabellen und Bildern.

  • Leider hatten wir die weitere Korespondenz auf normalem e-mail Weg weiter laufen lassen. Im Einverständnis mit desiderium habe ich die Texte bis auf persönliche Ansprachen zusammen gefasst um sie für die Interessierten hier zu veröffentlichen. Grafiken und Firmentexte die wir ausgetauscht haben erscheinen hier selbstverständlich nicht, da sie zum Teil der Geheimhaltung unterliegen.
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    desiderium
    was hat es eigentlich mit dem Referenzmaterial auf sich? also die machen das hier gerade so das quasi das PA (Ultramid B27) ohne additiv einmal gespritzt wird und anschließend folgen die PA-mischungen mit den Additiven. Wäre dann das reine PA was wir benutzen das referenzmaterial?
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    petersj
    Ja , das B27 ist damit deren Referenzmaterial. Wir haben in entsprechenden Versuchen festgestellt, dass man nicht jedes Mal mit Referenzmaterial spritzen muss. Vorraussetzung ist, dass die Maschine (immer die gleiche) in einem kalibrierten Zustand ist. Und man sollte dann auch entsprechendes Vertrauen in die Genauigkeit der Maschinen ( und der Spritzgießer) haben.
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    desiderium
    eine frohe Botschaft, hab es endlich geschafft :smiling_face: Jetzt bekomme ich auch unterschiedlich lange Fließspiralen hin. Aber hab da noch ein Problem. Am Fließfront habe ich so ne art Einstülpung nach innen hin. Ich weiß nicht ob ich das jetzt gut beschreiben kann. Zumindest schaut es so aus als ob die Masse im Körper drin wieder zurückfließt. Ist das für die Beurteilung der Fließspiralen schlecht? Um sowas auszubessern müßte ich doch eigentlich mit dem Nachdruck wieder höher gehen, oder irre ich mich?
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    petersj
    Diese "Einstülpung" ist normal. Das ist praktisch die Schwindung. Und da der Schmelzefluß im Zentrum des Stranges länger flüssig bleibt als an der Werkzeugwand, schrumpft das innen mehr. Es fließt nicht zu zurück. Das ergibt sich auch nicht bei allen Produkten. Ich habe gerade ein TPE-V und da ist die Spitze schön rund. Beurteilungspunkt ist immer das Ende bis zu dem das Material mal geflossen ist. Die Schwindung beträgt sowieso nur 1-2mm und das ist auf jeden Fall Toleranz (Schwankung von Spritzling zu Spritzling kann 10-15mm sein).
    Falsch wäre es auf jeden Fall den ND zu erhöhen. Der ND in dem Datenblatt dient uns nur, den Anguß entformbar zu machen. Erhöht man den ND. besteht die Gefahr, das Werkzeug mit dem ND zu füllen. Wir wollen ja aber sehen wie gut/weit das Material beim Einspritzen fließt. Uns dient der ND nur dazu, den Anguß entformbar zu machen. Du kannst ihn auch weglassen und dafür eine Dosierverzögerung eingeben um den Anguß vor dem Dosieren erhärten zu lassen.
    Sollte sich bei Versuchen bei dir zeigen, dass die FS zu kurz wird für eure Messungen müsstest du die Einspritzgeschwindigkeit und evtl. den Einspritzdruck erhöhen. Das hat aber zu Folge, dass du alle Versuche neu abgleichen musst - wegen neuer Parameter. Unsere FS ist eine Flachspirale 8x2mm und max 1180mm lang. Diese Länge haben wir aber noch nie gefüllt bekommen, mit keinem Material!
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    desiderium
    Ich hätt da aber noch eine Frage zu den Angaben was du geschickt hast. Hier steht das ihr mit einer Schneckengeschwindigkeit von 15m/min das macht...Vielleicht habe ich gerade einen Denkfehler, aber bei uns an der Maschine können wir die Geschwindigkeit zum einen als U/min anzeigen lassen und zum anderen als mm/min. Wenn ich das jetzt auf mm/min umrechne dann ist das im Vergleich zu dem was wir eingestellt haben ziemlich ziemlich schnell.
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    petersj
    _Ich hab das mit der Schneckendrehzahl mal nachvollzogen 15m/min entsprechen 250mm/sec. Der Schneckendurchmesser ist 25mm, daraus ergibt sich eine Drehzahl von ca.191. In Absprache mit anderen grossen deutschen Materialherstellern haben wir uns im Rahmen einer Standardisierung auf Drehzahlen bei einer 25mm Schnecke von 150 - 200 rpm festgelegt. Auch der Staudruck wurde auf spezifisch (Druck vor der Schnecke) 150 bar standardisiert. Nur so liessen sich unsere Messwerte miteinander vergleichen. Diese für Spritzgießer hoch erscheinenden Werte sind nötig um die Produkte in gewissen Maßen zu "stressen" um kundennahe Verwendung zu simulieren. Es geht dabei nicht um die Drehzahl und den Staudruck im einzelnen sondern um ein vergleichbares Endergebnis, welches ausserdem reproduzierbar sein muss.
    Möchtet ihr also für eure Betriebsversuche andere Parameter festlegen, ist das selbstverständlich möglich. Wichtig sollte allerdings sein, dass immer wieder das gleich SG-Programm verwendet wird (Dokumentation) und dass in den einzelnen Spritzlingen einer Partie keine allzu große Abweichung erscheint. Bei der FS haben wir eine Abweichung von +-1cm. Das ergibt sich durch das Heizen der Maschine, minimale Schwankungen in der Verweilzeit, Schwankungen in der Werkzeugtemperatur auch wenn´s nur 1°C ist. Das heißt dann aber auch, dass ein Unterschied in der Fließfähigkeit erst ab min 2cm erkennbar ist und bewertet werden kann.
    Ganz wichtig: Die FS kann nicht mit der Messung von MFR, MVR oder relativer Lösungsviskosität verglichen werden. Die Ergebnisse sind nicht kompatibel, da die FS dann immer noch zu ungenau ist.
    Ich bin der Meinung, dass die Messung mit der FS nur für ein betriebsinternes Messergebnis verwendet werden sollte. Es gibt zu viele Variationsfaktoren, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Wir haben mehrere Produktionsstätten. Und wenn dort FS-Ergebnisse verglichen werden sollen, werden in den zu vergleichenden Produktionsstätten Vergleichsspritzungen mit der gleichen Partie durchgeführt. Nur dann wissen wir über was wir reden.
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    desiderium
    und..ich hab mittlerweile auch gute ergebnisse...also das das die Schwindung ist ist mir auch später eingefallen...naja..hatte da noch kein kaffee :face_with_tongue:

    also mit den Einstellung was ich jetzt fahre kann ich endlich mal unterschiede sehen. Ich hab zum probieren mal ein Additiv genommen und verglichen mit der Nullprobe hab ich gut 1cm mehr an fließweg. Das ist immerhin mehr als das was die bislang immer hatten... ich kann da echt nur den kopf schütteln. die hatten vorher wirklich nur weniger millimeter an unterschied, auch im vergleich zu der nullprobe. das das gewissen personen nicht aufgefallen ist...naja....
    wahrscheinlich ist es immernoch nicht ganz perfekt aber ich denke das ich da auf dem richtigen weg bin. Ich hab da jetzt nur noch ein Nachdruck von 50bar. wenn ich weiter runter gehe dann schaut die spirale ziemlich deformiert aus.
    Unsere spirale ist 6x3mm und wie lang der maximale Fließweg fällt mir gerade net ein. Aber müßte etwas weniger als bei euch sein. Hab die Einstellungen bei der Nullprobe so eingestellt das ich bei knapp 40 bin und alles andere wird dann plus minus um den Wert sein.
    Naja...der nächste Schritt wäre, denke ich mal, mit diesen Einstellungen ein paar Additive auszuprobieren.
    Ich glaube ich könnte noch lange an dieser Maschine rumspielen :smiling_face:

    Edited 2 times, last by petersj (January 7, 2009 at 1:34 PM).

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